Serbischer Patriarch Pavle im Alter von 95 Jahren gestorben

Wie die offizielle Internetseite der Serbischen Orthodoxen Kirche berichtet, verstarb heute, am 15. November, um 12.45 Uhr, in dem Militärkrankenhaus von Belgrad, nachdem er die Heiligen Gaben (Kommunion) empfing, das Haupt der Serbischen Orthodoxen Kirche, Patriarch Pavle.

Er habe gerade erfahren, dass Pavle gestorben sei, sagte der Metropolit Amfilohije dem Fernsehsender. Amfilohije war seit einigen Jahren Pavles Stellvertreter. Der Patriarch wurde bereits seit zwei Jahren wegen diverser gesundheitlicher Probleme im Krankenhaus behandelt. Die Kirche hatte sich zur Art seiner Krankheiten jedoch nie geäußert.

Pavle war 1990 kurz vor dem Zerfall Jugoslawiens Oberhaupt der serbisch-orthodoxen Kirche geworden, der die meisten der gut sieben Millionen Einwohner Serbiens angehören. Damit erlebte er auch die Kriege auf dem Balkan als Patriarch mit. Unter seiner Führung erlangte die serbisch-orthodoxe Kirche eine führende Position im Land. So wurde etwa an serbischen Schulen nach Jahrzehnten der Religionsunterricht wieder eingeführt.

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Vor seiner Amtszeit als 44. Oberhaupt der serbisch-orthodoxen Kirche war Pavle Bischof im Kosovo. Auch nach dem Ende des Kosovo-Kriegs im Jahr 1999 reiste Pavle mehrmals in die damals noch serbische Provinz, um dortigen Bischöfen und der verbliebenen serbischen Minderheit seine Unterstützung zu signalisieren.

Im Oktober vergangenen Jahres hatte der damals schon schwer kranke Pavle darum gebeten, von seinem Amt entbunden zu werden. Eine Synode lehnte sein Rücktrittsgesuch jedoch ab.

Aus dem Tagebuch des J. W. Maksimow, eines Lehrers der Geistlichen Akademie von Moskau

Ich habe den Patriarch selbst nie gesehen, doch ich habe bereits vieles über ihn gehört. Das erste Mal kam ich nach Serbien im Herbst 2006. Ich wollte unbedingt den Patriarchen sehen, weil er eben für alle seine Tür offen hatte. Ich hatte mit keiner Audienz gerechnet, nein, ich wollte einfach einen heiligen Menschen sehen, was heutzutage selten ist. Ich wollte ihn um seinen Segen bitten, und das wäre für mich schon Ehre genug. Doch es klappte leider nicht. Eben im Herbst 2006 hat sich sein Gesundheitszustand verschlechtert, und in der darauf folgenden Zeit wurde es schlimmer und schlimmer. Es scheint, als ob ich für „unwürdig“ erachtet wurde, den Segen des Heiligsten Patriarchen Pavle zu bekommen.

Doch als ich in Serbien war, erzählten mir vertrauenswürdige Personen viele ausgezeichnete Geschichten über ihn, und ich will sie hier aufschreiben, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Der Heiligste Patriarch Pavle ist eine außergewöhnliche Erscheinung für die moderne Zeit. Wir können natürlich seine Erfahrung nicht als „Latte“ [Leichtathletik: Hochsprung ist eine Disziplin in der Leichtathletik, bei welcher der Athlet versucht, beim Sprung über eine Latte die größtmögliche Höhe zu erzielen.] für andere Patriarchen setzen. Jeder hat sein eigenes Maß im geistlichen Kampf. Wir können uns einfach nur freuen, dass es so einen Menschen in der Orthodoxen Kirche der heutigen Zeit gibt.

Es ist bekannt, dass der Heiligste Patriarch seinen asketischen Kampf fortsetzte, obwohl er so eine hohe Stellung in der Kirche bekam. Er verbarg seine Hürde in aller Sanftmut. In der Stadt ging er oft zu Fuß oder fuhr mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Habsucht war ihm ein Fremdwort, er aß so wenig, dass er den alten Wüstenvätern glich, – und das war er auch.

1. Das Fräulein Jana Todorowitsch erzählte mir eine Geschichte, die ihrer Schwester widerfahren ist. Ihre Schwester besuchte einmal den Patriarchen wegen einer Sache. Indem sie sich nun mit ihm unterhielt, hat sie zufällig auf seine Füße einen Blick geworfen. Ein Schreck ergriff sie. Sie sah, dass die Schuhe des Mannes zerrissen, ja, sogar an einigen Stellen geflickt waren. Die Frau dachte: „was für eine Schande für uns Serben. Unser Patriarch trägt solche Schuhe, kann ihm etwa keiner neue Schuhe kaufen?“ Der Patriarch aber antwortete plötzlich mit Freude: „Sehen Sie nur, was für tolle Schuhe ich doch habe? Ich habe sie in einer Mülltonne gefunden, als ich auf dem Weg in die Residenz war. Jemand hat sie weggeworfen, aber das ist echtes Leder. Ich habe sie selbst geflickt – und sehen Sie, die werden noch eine ganze Weile halten.“

2. Mit diesen Schuhen ist auch noch eine andere Geschichte verbunden. Eine Frau kam zum Patriarchen mit einem Problem, und wollte unbedingt mit ihm sprechen, und nur mit ihm. So ein Wunsch war außergewöhnlich und sie wurde nicht sofort hineingelassen. Doch die Beharrlichkeit der Frau brachte ihre Früchte und sie bekam eine Audienz. Als die Frau den Patriarchen sah, sagte sie, dass ihr heute Nacht die Gottesgebärerin erschienen ist und ihr auftrug dem Patriarchen Geld für neue Schuhe zu geben. Mit diesen Worten überreichte die Besucherin dem Patriarchen einen Umschlag mit Geld. Patriarch Pavle, fragte sie freundlich, ohne den Umschlag an sich zu nehmen: „In welcher Stunde sind sie denn schlafen gegangen?“ Die Frau verwunderte sich, und antwortete: „Hmm … ich denke gegen elf Uhr.“ „Wissen sie, ich bin entschieden später schlafen gegangen, so gegen vier Uhr morgens“, – sagte der Hirte, – „Und ich hatte auch eine Erscheinung der Gottesgebärerin im Traum. Sie hat mich auch um etwas gebeten. Ich soll Ihnen sagen, dass Sie das Geld jenen geben sollten, die es dringender benötigen.“ Und er hat das Geld nicht angenommen.

3. Einst, nährte sich der Patriarch seiner Residenz. Er bemerkte, dass neben dem Eingang viele schicke Automobile standen. Er erkundigte sich, wem die Autos gehören. Man antwortete ihm, dass sie den Bischöfen gehören. Darauf antwortete der Patriarch mit einem Lächeln: „Wenn sie solche Fahrgefährte besitzen und das Gebot des Herrn über die Armut kennen, welche Autos würden sie dann fahren, wenn es dieses Gebot nicht gäbe?“

4. Einst reiste der Patriarch in einem Flugzeug. Als das Flugzeug das Meer überquerte, kam es zu Turbulenzen. Ein junger Bischof fragte den Oberhirten, was er denkt, wenn das Flugzeug jetzt plötzlich fiele. Der Heiligste Pavle antwortete gelassen: „Im Bezug auf mich, denke ich, es wäre Gerechtigkeit: denn in meinem Leben habe ich so viele Fische gegessen, kein Wunder, wenn sie mich jetzt aufäßen.“

Es wäre vielleicht nicht falsch, an dieser Stelle Ausschnitte aus der Unterhaltung mit dem Diakon Nikolaj Kokuhin zu erwähnen:

„Der Gnade Gottes nach haben wir so einen Patriarchen, wie der Heiligste Pavle… Er führt ein asketisches Leben und ist das lebende Beispiel für den Pastor gemäß dem Evangelium Christi. Er lebt in Christo im vollen Sinne des Wortes… Als ein orthodoxer Mönch fastet er, d.h. er isst überhaupt kein Fleisch, und am Montag, Mittwoch und Freitag ist bei ihm strenges Fasten angesagt. Jeden Tag vollzieht er die Heilige Liturgie in einem kleinen Gebetshaus, das sich im Gebäude seiner Residenz befindet. Dort gibt es keinen Chor, und alle Gemeindemitglieder singen…

Er zieht seine Liturgiegewänder selbst an, und er zieht sie auch selber aus [die Liturgiegewänder der meisten Bischöfe werden von den Hypodiakonen an- und ausgezogen]. Seine Mönchsgewänder hat er seit seiner Mönchsweihe nicht ausgezogen (seit 50 Jahren). Er will keine neuen Sachen. Er wäscht, bügelt und flickt sie selber. Er kocht selbst für sich. Einst erzählte er mir, dass er aus einem Paar Damenstiefeln sich neue Schuhe gebastelt hat. Er dient oft in verschiedenen Gotteshäusern, und wenn er einen Priester mit einem zerrissenen Liturgiegewand sieht, sagt er: „Bringe es vorbei, ich werde es flicken…“ Das Zusammensein mit so einem Menschen ist ein großes Heil für die Erziehung der eigenen Seele, für das geistige Voranschreiten.“

Unterdessen ist der Patriarch ein Doktor in Theologie (er erhielt den Titel, bevor er Patriarch wurde), und Autor einiger Bücher. Einige Ausschnitte aus seinen Büchern wurden bereits ins Russische übersetzt.

Der Patriarch ist heute 95. Jahre alt. Wegen seines schlechten Gesundheitszustandes befindet er sich im Krankenhaus. Die Kirchenverwaltung leitet momentan der Synod der Serbischen Orthodoxen Kirche. Patriarch Pavel bat schon mehrmals, dass man ihn in den Ruhestand entlasse, doch auf dem vergangenen Bischofkonzil wurde entschieden, dass er das Oberhaupt der Serbischen Kirche bis zu seinem Tode bleiben werde. Der Patriarch Pavle steht seinem Volke sehr nah, und die Menschen lieben ihn. Er selbst ist etwas Einzigartiges für die Serbische Kirche, der kommende Patriarch wird natürlich anders sein.“

Quelle: http://bogoslov.ru/de/text/504413/index.html